„Migration und Antirassismus, migrantische Selbstorganisation und Gewerkschaften.
Zentrale Gegenstände des linken Diskurses und von emanzipatorischer Praxis“
30.06./01.07., DGB-Haus, Willi-Bleicher-Str. 20, 70174 Stuttgart
Der Kongress verfolgt das Ziel, die Bedeutung von Migration als soziales Phänomen, ihren Zusammenhang mit der Entwicklung des Kapitalismus sowie ihr subversives Potential sowohl einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen wie auch deren Relevanz für linke Diskussion und Praxis aufzuzeigen. Der Kongress findet im Rahmen von Veranstaltungen zum 100jährigen Jubiläum des internationalen Sozialistenkongresses in Stuttgart 1907 statt und soll die übergreifende Bedeutung des Themas „Migration und Antirassismus“, das bereits während des Sozialistenkongresses 1907 unter dem Titel „Die Ein- und Auswanderung der Arbeiter“ einer der fünf Haupttagesordnungspunkte war, unterstreichen.
Damit soll an bestehende Praxen sowie an Entwicklungen angeknüpft werden, die sich in letzter Zeit auf diesem Feld vollzogen haben. Zu nennen sind hier u.a. die zahlreichen Flüchtlingsinitiativen, Anti-Lager-Bündnisse, Bündnisse gegen Abschiebehaft, migrantische Selbstorganisationen, die Gründung des RESPECT-Netzwerkes zur Unterstützung von in privaten Haushalten arbeitenden Migrantinnen, die Mobilisierung verschiedener Initiativen für ein Recht auf Legalisierung im Rahmen der „Gesellschaft für Legalisierung“, die Gründung des Europäischen Verbandes der Wanderarbeiter, der Aktionstag Migration bei den diesjährigen G8-Gipfelprotesten etc. Wir glauben, dass es notwendig und möglich ist, die Selbstorganisation von MigrantInnen, gewerkschaftliche Kämpfe, antirassistische Bündnisse und die altermondialistische Bewegung miteinander zu verknüpfen. Hierzu wollen wir mit dem Kongress einen Beitrag leisten. Wir glauben auch, dass die Akteure von den Erfahrungen der jeweils andere lernen können. Was können Gewerkschaften bspw. hinsichtlich der Fragen von organizing- und social movement unionism-Konzepten von migrantischer Organisation lernen und umgekehrt? Welche Potentiale und Schwierigkeiten gibt es hinsichtlich der gewerkschaftlichen Organisierung von MigrantInnen? In welchem Verhältnis hierzu stehen Bestrebungen nach migrantischer Selbstorganisation? Wie ist eine Zusammenarbeit möglich? Auch diesen Erfahrungsaustausch und evtl. daraus resultierende Organisierungsaktivitäten wollen wir befördern.
Vor dem Hintergrund der genannten Zielstellung halten wir es für nötig, theoretische und praktische Perspektiven miteinander zu verbinden und zu fragen, welche analytischen Zugriffe auf Migration in welcher Hinsicht dem Phänomen gerecht werden können, inwiefern etwa eine Ergänzung eher struktureller, auf ökonomische Prozesse und staatliches Herrschaftshandeln den Blick richtende Herangehensweisen durch solche, die Handlungspotential von MigrantInnen als Akteure in den Vordergrund rücken, sinnvoll ist und was dies alles schließlich für eine antirassistische Praxis bedeutet. Dies soll am ersten Tag des Kongresses diskutiert werden („Theoretische und praktische Perspektiven auf Migration“) in Form von drei nacheinander folgenden Podiumsdiskussionen
Am zweiten Tag („Felder antirassistischer Intervention“) sollen (zunächst in drei Plenarvorträgen, dann in drei parallelen Workshops) drei besonders relevante Bereiche, in denen Migration eine eminente Bedeutung hat diskutiert und nach Möglichkeiten von sozialer Gegenwehr gegen herrschende Entrechtungstendenzen gefragt werden: das Baugewerbe als Bereich „männlicher“, die privaten Haushaltsdienstleistungen als Bereich „weiblicher“ Arbeitsmigration sowie der Bereich des Kampfes um Grund- und Menschenrechte für hier lebende MigrantInnen.
Schließlich soll es auch darum gehen, nach einer Perspektive zu fragen, die geeignet sein könnte, die verschiedenen Kämpfe miteinander zu verbinden. Hier wollen wir schauen, ob die Forderung nach globalen sozialen Rechte eine solche Forderung sein könnte. Dies soll insb. im Anschluss an die Workshops und in Auswertung der dortigen Diskussionen in Form einer abschließenden gemeinsamen Runde geschehen.
Ablaufplan
Samstag, 30. Juni – Theoretische und praktische Perspektiven auf Migration
13:00-15:30 – 1. Podium:
Neoliberale Weltmarktdynamik und Migration
a.Neoliberale Globalisiserung, Unterentwicklung und Regelung von Migration
b.Migration als Entwicklungshilfe von Unten?
c. Migration, Veränderung der Klassenzusammensetzung und soziale Kämpfe
d.Migration und Prekarisierung: MigrantInnen als doppelte Avantgarde einer Prekarisierung von oben und von unten? Was lässt sich für die Organizing-Debatten hieraus lernen?
16:00-18:30 – 2. Podium:
Europäisches Grenzregime und Neukonfiguration von Grenzen
a.Abschottung/ Lager/ Maßnahmen der EU
b.Governing Migration: Neukonfiguration von Grenzen und Souveränität durch Migration und deren „Autonomie“
c.Militarisierung der Außengrenzen, Verwischung zivil und militärisch am Beispiel der „Sicherung der EU-Außengrenzen“
19:00-21:30 – 3. Podium:
Migration, Prekarisierung von Rechten und linke Konsequenzen
a.Entrechtung, Überwachung, Zwangsmaßnahmen gegen Flüchtlinge und migrantische Selbstorganisation dagegen
b.Postnationale Souveränitäten – zur Diversifizierung von Bürgerschaft und Rechtstatus am Beispiel von MigrantInnen
c.„Integration“ als Disziplinierungs- und Normalisierungsinstrument
d.Globale Soziale Rechtung – eine vereinigende Klammer migrantischer und sozialer Kämpfe?
Sonntag, 1. Juli – Felder antirassistischer Intervention
10:00-10:40 – 1. Plenarvortrag
Anspruch und Realität des Menschenrechtsschutzes von MigrantInnen. Die UN-Wanderarbeitnehmerkonvention und die Behandlung von MigrantInnen in Europa und Deutschland
10:45-11:25 – 2. Plenarvortrag
Migration und „Illegalität“ in Deutschland. Problemanalyse und Handlungsmöglichkeiten
11:30-12:10 – 3. Plenarvortrag
Möglichkeiten der Zusammenarbeit von selbstorganisierten MigrantInnen und Gewerkschaften
12:15-13:00 – 4. Plenarvortrag
Kampagnen für die Rechte migrantischer Arbeitskräfte:
„Ich bin hier mit meiner Arbeitskraft“:
http://www.yasanacakdunya.net/
Kampagne gegen Lohnraub:
http://www.elexir-a.org/
14:00-16:30 – 3 parallele Workshops
a. (Männliche)
Wanderarbeiter im Baugewerbe
Aspekte:
a.Gewerkschaftliche Strategien im Umgang mit Arbeitsmigration/ Wanderarbeiterinnen im Baugewerbe
b.Die Arbeit des europäischen Verbands der Wanderarbeiter
c.Das Beispiel Fildermesse und Stuttgart 21
b. (weibliche)
Migrantinnen in privaten Haushalten
Aspekte:
a. Eine neue Dienstmädchenklasse? (Illegalisierte) MigrantInnen und ihr Einsatz als billige Arbeitskräfte im Haushalt
b.Gewerkschaftliche Aktivitäten und Bemühungen zum Schutz (illegalisierter) Haushaltsarbeiterinnen
c. Probleme und Perspektiven der Selbstorganisation migrantischer Haushaltsarbeiterinnen
c.
Der Kampf um Grund- und Menschenrechte für Flüchtlinge und MigrantInnen
17:00-19:00
Globale Soziale Rechte als Perspektive? Diskussion der Ergebnisse der Workshops
ipw - 11. Mai, 10:11